E. Roth Heege: Ofenkeramik und Kachelofen

Cover
Titel
Ofenkeramik und Kachelofen. Typologie, Terminologie und Rekonstruktion


Autor(en)
Roth Heege, Eva
Reihe
Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 39
Erschienen
Bern 2012: Stämpfli Verlag
Anzahl Seiten
380 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christoph Messerli

Die Publikation mit dem Titel Ofenkeramik und Kachelofen der Archäologin Eva Roth Heege erschien als Band 39 in der Reihe Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters. Anlässlich einer mehrtägigen Fachtagung in Lohr am Main, an der sich ein Gremium mit terminologischen Fragen zur Beschreibung der Ofenkeramik auseinandergesetzt hat, verfasste Werner Enders 1993 ein Beschlussprotokoll. Das vorliegende Buch basiert auf Enders Rohmanuskript und ist ihm zu seinem 75. Geburtstag gewidmet.

Was ursprünglich als Leitfaden zur Ofenkeramik geplant war, vollendete die Autorin mit ihrem Verfasserteam zum gegenwärtig bedeutendsten Standardwerk auf dem Gebiet der Ofenkeramik. 1 Allein das sechsseitige Inhaltsverzeichnis gliedert sich in acht alphabetisch übergeordnete Hauptkapitel und verspricht damit weit mehr als einen blossen Leitfaden.

Die eingehend behandelten Inhalte sämtlicher Kapitel werden dem präzisierenden Untertitel Typologie, Terminologie und Rekonstruktion vollends gerecht. Wer glaubt, dass es sich bei der vorliegenden Publikation mit dem eher unspektakulären Untertitel und dem nüchternen Schwarz-Weiss-Einband um eine rein theoretische Auseinandersetzung handelt, wird bereits im dritten Kapitel, das sich der Ofenkachelherstellung widmet, eines Besseren belehrt.

In diesem handwerksspezifischen Teil wird unter Zunahme ausgewählter Originale der Druck aus Patrizen und Modeln prägnant und anschaulich erklärt. Die klar kommentierten und eigens dazu fotografierten Arbeitsschritte veranschaulichen auf praxisnahe Art und Weise die Abformung von Kacheln und Modeln. Diese einführenden Erläuterungen zur Herstellung von Ofenkeramik, von den frühen Handaufbautechniken bis zur Modeltechnik, schliessen mit der industriellen Ofenkachelproduktion am Beispiel von Velten bei Berlin.

Besonders hervorzuheben ist der knappe, jedoch bemerkenswerte Beitrag von Harald Rosmanitz zu den grafischen Vorlagen und deren Umsetzung auf die Ofenkacheln. Dieser kunsthistorische Ansatz überrascht mit treffenden Beispielen, die die Übertragung von Holzschnitten und Kupferstichen oberrheinischer und niederländischer Meister des 15. und 16. Jahrhunderts in das Medium der Keramik vorzüglich dokumentieren. Das Ende dieses produktionsspezifischen Kapitels beschliesst eine 34-teilige Bilderfolge zur Herstellung einer reliefierten Blattkachel. Die Kapitel vier und fünf befassen sich mit der Konstruktion und Rekonstruktion von Kachelöfen sowie mit der Dokumentation von Ofenkacheln.

Der annähernd 120-seitige Hauptteil dieser Publikation bilden die Typologie und Terminologie der Ofenkeramik. Die einzelnen Bauteile der Öfen werden nach technologischen Bezeichnungen charakterisiert. Dadurch erlangte die Autorin eine präzisierende und systematische Vereinheitlichung von bereits bestehenden Ofenkeramik-Begriffen im deutschsprachigen Raum. Allein die klar strukturierte Zusammenstellung von einfachen und zusammengesetzten Kacheln ist höchst beeindruckend. Die Autorin unterscheidet dabei 15 übergeordnete Kachelarten, die sie jeweils in weitere, durchnummerierte Feintypen unterteilt. Sämtliche Kacheltypen und Ofenbauteile wurden von fachkundigen,muttersprachigen Spezialisten in bis zu 17 Fremdsprachen übersetzt. Dieser multilinguale Aspekt ist als grosse Leistung anzuerkennen und zeichnet die vorliegende Publikation als international gültiges Standardwerk aus. Die über 550 Abbildungen in Form von Umzeichnungen und Fotografien dienen nicht nur der Illustration einzelner Formtypen, sondern stehen jeweils auch als Vertreter des jeweiligen Verbreitungsraums. Die dazugehörigen, knappen und verständlichen Erklärungen geben nebst der formalen Ausprägung und dem geografischen Verbreitungsraum auch Auskunft über die zeitliche Einordnung.

Der ganze Band präsentiert sich in hoher gestalterischer Qualität. Sowohl den aussagekräftigen Fotos, wie auch den feinen Umzeichnungen und den wissenschaftlichen Texten wird der nötige Raum eingeräumt. Diese Gestaltungsart wird konsequent durchgeführt, was dazu beiträgt, dass das Werk eine ansprechende, übersichtliche und informative Einheit bildet. Obwohl diese wissenschaftlich fundierte Publikation einen ihrer Qualität angemesseneren Einband verdient hätte, gelingt es der Autorin dennoch vorzüglich, die archäologisch und kulturhistorisch interessierte Leserschaft «hinter dem Ofen hervorzuholen».

1 Zu den weiteren Verfassern und Verfasserinnen zählen: Hans-Georg Stephan, Renata Windler, Julia Hallenkamp-Lumpe, Andreas Heege, Katja Lesny, Harald Rosmanitz, Uwe Lamke, Monika Dittmar, Günther Unteidig, Klaus Hufnagel, Matthias Henkel, Margret Ribbert.

Zitierweise:
Christoph Messerli: Rezension zu: Roth Heege, Eva: Ofenkeramik und Kachelofen. Typologie, Terminologie und Rekonstruktion. Bern: Stämpfli 2012. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 76 Nr. 1, 2014, S. 66-68.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 76 Nr. 1, 2014, S. 66-68.

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